Nach wie vor ist der Fachkräftemangel ein heiß diskutiertes Thema in Industrie und Mittelstand. Das Problem an sich haben wir bereits im ersten Teil unserer Artikelserie „Fachkräftemangel: Das Problem“ beleuchtet. Auch die Politik hat erkannt, dass dieses Problem nicht von heute auf morgen gelöst werden kann und es dafür grundlegende, strukturelle Änderungen braucht. Welche Maßnahmen die Bundesregierung in der Zwischenzeit ergriffen hat und welche Möglichkeiten sich daraus für Unternehmer und Mittelständler ergeben, haben wir in der Folge für Sie zusammengefasst!

Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FKEG)

Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist am 01. März 2020 in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, die Einwanderung von qualifizierten Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten zu regeln, eine Vergleichbarkeit von Qualifikationen, wie Schul- und Berufsabschlüssen, herzustellen und die Regelungen für Zuwanderung und Beschäftigung von Nicht-EU-Bürgern transparenter und einfacher zu gestalten.

Neue Definition des Begriffs „Fachkraft“

Während die alte Begriffsdefinition nur Kandidaten und Kandidatinnen mit einem deutschen, einem anerkannten ausländischem oder einem mit Deutschland vergleichbaren Hochschulabschluss, beinhaltete, wurde die Definition jetzt auch auf Berufsabschlüsse ausgeweitet. Dieser Abschluss muss jedoch gleichwertig mit einem deutschen Abschluss sein und wird in einem Anerkennungsverfahren vor der Einreise geprüft. Erst dann erhalten die Kandidaten ein Visum und eine Arbeitserlaubnis.

Voraussetzungen für die Zuwanderung von Fachkräften

Damit das Fachkräfteeinwanderungsgesetz zum Tragen kommt, müssen Nicht-EU-Bürger folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Eine in Deutschland anerkannte Qualifikation
  • Nachgewiesene Deutschkenntnisse gemäß Sprachniveau B1
  • Kandidaten müssen Ihren Lebensunterhalt während der Jobsuche selbst bestreiten
  • Der Lebensunterhalt ist durch Bankdaten nachzuweisen (Sperrkonto)
  • Kandidaten benötigen eine gültige Krankenversicherung
  • Nachweis eines festen Wohnsitzes
  • Lebensunterhaltssicherung muss bei Arbeitsaufnahme durch die eigene Arbeit gesichert sein
  • Gültiger Arbeitsvertrag für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 35 Wochenarbeitsstunden

Neuerungen des Fachkräftemangelgesetzes

Zu den Neuerungen, die eine Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten erleichtern, zählen:

  • einheitlicher Fachkräftebegriff, der nun auch Berufsabschlüsse umfasst
  • Vorrangprüfung bei anerkannter Qualifikation und Arbeitsvertrag nicht mehr von Nöten
  • Wegfall der Begrenzung auf Engpassberufe
  • befristeter Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche möglich
  • Aufenthalt für Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland möglich
  • Möglichkeit für beschleunigte Verfahren zur Zuwanderung
  • Temporäres Visum zur Suche eines Ausbildungs- oder Studienplatzes
  • Probebeschäftigungen bis zu 10 Stunden pro Woche
  • Bündelung der Zuständigkeiten bei zentralen Ausländerbehörden

Schwachstellen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes

Fachkräftemangel Industrie

Der wohl größte Schwachpunkt des Gesetzes liegt darin, dass es Personaldienstleistern und Zeitarbeitsfirmen explizit untersagt ist Fachkräfte aus Drittländern anzuwerben. Gerade die Expertise dieser Branche könnte mittelständischen Unternehmen helfen, geeignete Fachkräfte außerhalb der EU zu finden. Des Weiteren könnte die Zeitarbeitsbranche Fachkräften, die oftmals nur für eine begrenzte Projektdauer gebraucht werden, eine langfristige Beschäftigung bieten. Das Potential der Zeitarbeitsbranche zur Integration von Zuwanderern auf dem Arbeitsmarkt gänzlich ungenutzt zu lassen, ist gelinde ausgedrückt als fahrlässig zu bezeichnen!

Eine echte Chance für Industrie und Mittelstand?

Für größere Unternehmen, die über die nötige Manpower in ihren Personalabteilungen verfügen, dürfte das neue Gesetz eine echte Chance sein, um mehr Fachkräfte für sich zu gewinnen. Ob jedoch auch kleinere und mittelständische Unternehmen überhaupt in der Lage sind, die z.T. aufwendige Suche nach geeigneten Fachkräften und den damit verbundenen bürokratischen Aufwand zu leisten, darf bezweifelt werden. Hinzu kommt erschwerend, dass Industrie und Mittelstand Fachkräfte oft zeitlich begrenzt, projektgebunden beschäftigen. Hier hilft auch das neue Gesetz nicht weiter und Unternehmer und Mittelständler sollten auf die Erfahrungen spezialisierter Personaldienstleister setzen, um Personallücken schnell mit qualifizierten Fachkräften zu füllen!

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